(ka) In ganz Bayern fehlen aktuell knapp 160.000 Arbeitskräfte. Bis 2028 könnte die Zahl auf über 220.000 steigen, ein Plus von über 40 Prozent. Der so ausgelöste jährliche Wertschöpfungsverlust würde dann 24 Milliarden Euro erreichen. Dies geht aus dem neuen IHK Arbeitsmarktradar Bayern hervor, den das IW Köln im Auftrag des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) erstellt hat. Die Lücke an Arbeitskräften ergibt sich aus der Zahl der offenen Stellen abzüglich passend qualifizierter Arbeitsloser in Bayern. Bereits jetzt gibt es für rund die Hälfte aller offenen Stellen keine passend qualifizierten Bewerber, weil die Nachfrage nach Arbeitskräften größer als das vorhandene Angebot ist. Der Personalmangel verschärft sich bis 2028, obwohl die Studienautoren von einer wie in den vergangenen Jahren hohen Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland sowie einer steigenden Erwerbsbeteiligung der heimischen Bevölkerung ausgehen.
„Der Arbeitskräftemangel bleibt trotz Wirtschaftskrise ein Dauerbrenner. Für Betriebe in besonders betroffenen Branchen kann er zur Existenzfrage werden, zumindest aber zu teilweise gravierenden Anpassungen im Serviceangebot führen. Das heißt konkret etwa mehr Schließtage in der Gastronomie, ausgedünnte Fahrpläne bei Bussen und Bahnen, längere Wartezeiten bei qualifizierten Handwerkern und Werkstätten, beim Arzt und im Krankenhaus, wachsende Betreuungslücken für Kinder und Senioren. Der jährliche volkswirtschaftliche Verlust durch die ausfallende Wertschöpfung beträgt in Bayern jetzt schon rund 20 Milliarden Euro”, sagt BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl.
„Die Unternehmen brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen zur Förderung von Beschäftigung. Alle vorhandenen Potenziale müssen ausgeschöpft werden. Dazu gehören mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme und Qualifizierungen für Erwerbslose sowie eine höhere Erwerbsbeteiligung von Älteren und Frauen, etwa durch lohnsteuerliche Anreize und eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung“, fordert der BIHK-Chef.
Gößl weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Zuwanderung eine immer größere Rolle für den Beschäftigungsaufbau in Bayern spielt. Dieser werde schon seit 2023 rein von ausländischen Staatsangehörigen getragen, so Gößl.
Laut Arbeitsmarktradar wird der Anteil von Ausländern an den Beschäftigten im Freistaat bis 2028 auf 23 Prozent steigen. 2017 lag diese Quote erst bei 14 Prozent. Die meisten Beschäftigten fehlen laut Studie auf dem Qualifikationsniveau „Fachkraft“, dabei handelt es sich beispielsweise um Absolventen einer beruflichen Ausbildung. Hier dürfte die Lücke 2028 rund 120.000 betragen. Auf dem Qualifikationsniveau „Spezialist“, das sind zum Beispiel Meister, Fachwirte und Bachelor-Absolventen, gibt es 2028 voraussichtlich 36.000 Arbeitskräfte zu wenig. Auf dem Niveau „Experte“ (akademische Abschlüsse wie Master oder Staatsexamen) fehlen 48.000 Arbeitskräfte. Auch bei Helfern gibt es eine Lücke von 16.000 Arbeitskräften. Bei den Berufsgruppen wird es laut der IW-Prognose bis 2028 die größte Arbeitskräftelücke bei Verkäufern geben, gefolgt von Fachkräften in der Kinderbetreuung, bei Informatik-Experten, in der Lagerwirtschaft und in der Pflege.
Bis 2028 erwarten die Forscher den größten Beschäftigungsaufbau in IT-Berufen, im Gesundheitswesen und in der öffentlichen Verwaltung. Vorausgesetzt die positiven Trends in der Arbeitsbeteiligung, insbesondere von Älteren, von Frauen und durch Zuwanderung, bleiben erhalten, könnte die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bayern bis 2038 um rund 350.000 auf sechs Millionen steigen, ein Plus von rund sechs Prozent gegenüber 2023. Dennoch würde die Beschäftigungsnachfrage noch stärker wachsen als das Arbeitsangebot. Ohne diese zusätzlichen Potenziale der Älteren, Frauen und Zuwandernden droht dagegen rein demografisch bedingt im gleichen Zeitraum ein Rückgang der Beschäftigten im Freistaat um 600.000 (knapp 11 Prozent) auf nur noch 5,1 Millionen, was mit einer deutlichen Schwächung der bayerischen Wirtschaft einhergehen würde.
Quelle - Pressemitteilung - IHK München und Oberbayern / Sabine Gottwald / Foto: pixabay / pexels
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